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Dauerbrenner – sozialversicherungsrechtliche Probleme bei so genannten Minijobs

Für die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen haften Arbeitgeber gegenüber Sozialversicherungsträgern. Dies gilt sogar dann, wenn ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis beabsichtigt war, der Arbeitnehmer jedoch – aus welchen Gründen auch immer – nicht als geringfügig Beschäftigter angesehen wird. Um unliebsamen Überraschungen bei Sozialversicherungsprüfungen der Deutschen Rentenversicherung (durchschnittlich alle vier Jahre gem. § 28 p SGB IV) vorzubeugen, empfehlen sich für Arbeitgeber folgende Überwachungsmaßnahmen und Vorkehrungen:

  1. Schriftliche Dokumentation der geringfügigen Beschäftigung. Je weniger schriftlich dokumentiert ist, umso ungünstiger verlaufen Sozialversicherungsprüfungen!
  • Komplett sozialversicherungsfrei ist gemäß § 8 SGB IV nur die sogenannte kurzfristige Beschäftigung. Die übliche ständige geringfügige Beschäftigung (Minijob, 450-Euro-Job) ist nicht völlig sozialversicherungsfrei, vielmehr sind pauschalierte Beiträge zur Renten- und Krankenversicherung vom Arbeitgeber abzuführen. Meldepflichten beachten!
  • Gemäß § 8 Abs. 2 S. 2 SGB IV hat der Arbeitgeber die Pflicht zur dauernden Überwachung, ob der geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer nicht andere geringfügige Beschäftigungen aufnimmt, die zur Sozialversicherungspflicht führen. Nach der üblichen Praxis der Deutschen Rentenversicherung haben sich die Arbeitgeber jedenfalls mindestens einmal jährlich beim Arbeitnehmer hierüber zu erkundigen. Dringend zu empfehlen ist auch, dass im Arbeitsvertrag mit dem geringfügig Beschäftigten eine Pflicht des Arbeitnehmers verankert wird, den Arbeitgeber bei Aufnahme weiterer Tätigkeiten zu informieren!
  • Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Tariflohnerhöhungen oder Erhöhungen des Mindestlohnes zur Erhöhung der Vergütung des geringfügig beschäftigten Arbeitnehmers führen. Selbst wenn der Arbeitgeber die Erhöhung versehentlich nicht berücksichtigt und den Mindestlohn (seit 1. Januar 2020 beträgt er € 9,35/Stunde) nicht entrichtet, wird im Zuge der Sozialversicherungsprüfung der Mindestlohn zugrunde gelegt, den der Arbeitgeber hätte bezahlen müssen. Dies kann – je nach dem Umfang der monatlich geschuldeten Arbeitsleistung – rechnerisch zu einer unbemerkten Überschreitung der 450-Euro-Grenze führen. Im Ergebnis führt dies zu einem Bußgeld wegen Nichtbeachtung der Mindestlohngrenzen und zusätzlich zur nachträglichen Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen, weil der Arbeitnehmer nicht mehr als geringfügig beschäftigt angesehen wird.
  • Neuestes Steckenpferd der Deutschen Rentenversicherung ist die sogenannte Arbeit auf Abruf. Früher sah das Teilzeit- und Befristungsgesetz vor, dass mindestens 10 Stunden wöchentliche Arbeitszeit als verabredet galten, wenn die Vertragsparteien versehentlich keine wöchentliche Mindestarbeitszeit verabredet haben. Das neue Recht sieht 20 Stunden wöchentliche Mindestarbeitszeit vor, wenn keine ausdrückliche andere Regelung getroffen worden ist. Dies führt rasch zu einer erheblichen Überschreitung der 450-Euro-Grenze. In Verträgen über Arbeit auf Abruf sollte eine wöchentliche Mindestarbeitszeit (auch unter 20 Stunden wöchentlich) ausdrücklich festgelegt sein. 

Diese Punkte bilden nur einen kleinen Ausschnitt aller möglichen Probleme ab, die im Rahmen einer Sozialversicherungsprüfung entstehen können. Arbeitsrechtliche Regelungen und Auslegungen der Verträge spielen bei Sozialversicherungsprüfungen der Deutschen Rentenversicherung in der Regel eine entscheidende Rolle. Im Ernstfalle sollten Arbeitgeber nicht nur den Steuerberater, sondern auch den Rechtsanwalt zu Rate ziehen. Noch besser ist es selbstverständlich, die Vertragswerke und die Dokumentation schon im Vorfeld arbeits- und sozialversicherungsrechtlich einwandfrei zu gestalten.

Dr. Walter Brunner, Fachanwalt für Arbeitsrecht