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Verbraucherrechte im VW-Diesel-Skandal

Deliktische Ansprüche von KFZ-Käufern gegen VW bzw. deren Vertragswerkstätten verjähren zum 31.12.2018!

Vertragliche Gewährleistungsansprüche nach dem Kauf mangelhafter Dieselfahrzeuge sind größtenteils bereits am 31.12.2017 gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB verjährt, wenn man unterstellt, dass die Kaufverträge vor dem Bekanntwerden der Motormanipulationen im Kalenderjahr 2015 zustande kamen. Publik wurden die Mängel am 19.09.2015 durch Veröffentlichungen der US-amerikanischen Umweltbehörden. Die zweijährige Verjährungsfrist begann insoweit am 01.01.2016 zu laufen und endete am 31.12.2017, §§ 199, 438 Abs. 1 Nr.3 BGB. Bis dahin hatte der VW-Konzern auf die Einrede der Verjährung offiziell verzichtet.

Auf die zweijährige Verjährungsfrist kann sich der VW-Konzern jedoch gar nicht berufen, soweit die Käufer sittenwidrig getäuscht worden sind. Sofern die Schadensersatzforderungen gegen VW oder die KFZ-Händler wegen der Abgasmanipulationen auf deliktische Haftung gemäß §§ 823, 826 BGB gestützt werden, tritt Verjährung frühestens zum Ende des Kalenderjahres 2018 ein, weil die Mängel erst im September 2015 bekannt geworden sind, §§ 195, 199 BGB.

Derzeit ist eine Taktik des VW-Konzerns zu erkennen, sich ins Kalenderjahr 2019 hinüberzuretten, indem man obergerichtliche Urteile oder gar eine BGH-Entscheidung zur deliktischen Haftung vermeidet und sich in den bereits rechtshängigen Verfahren vergleicht. Da Schadensersatzansprüche zum Teil auf Verstöße gegen Umwelt- und Zulassungsbestimmungen nach EU-Gesetzen gestützt worden sind, wurde in verschiedenen Vefahren bereits beantragt, eine Entscheidung des  Europäischen Gerichtshofs (EuGH) herbeizuführen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Europäische Gerichtshof angerufen wird und die Verbraucherrechte durch eine mögliche Entscheidung weiter verbessert.

Nicht rechtsschutzversicherte VW-Käufer tragen bis dahin ein nicht unerhebliches Risiko, wenn sie deliktische Ansprüche ohne vorherige Klärung der Rechtsfragen durch den Bundesgerichtshof oder den EuGH gegen VW und deren Vertragshändler verfolgen.

Allerdings wird die Verjährung nicht nur durch Erhebung einer (kostspieligen) Klage gehemmt. Vielmehr tritt Hemmung der Verjährung auch durch einen viel kostengünstigeren Antrag bei staatlich anerkannten Gütestellen ein. Selbst im Falle einer zu erwartenden Ablehnung des Güteverfahrens durch VW ist die Verjährung ab dem Zeitpunkt der Ablehnung für sechs Monate gehemmt. Falls VW-Käufer daher gegen Ende des Kalenderjahres 2018 in unverjährter Zeit einen Güteantrag stellen, verhindern sie den Eintritt der Verjährung ihrer Schadensersatzansprüche gemäß den §§ 823, 826 BGB bis Mitte des Kalenderjahres 2019. Bis dahin scheint es nach derzeitigem Stand nicht ausgeschlossen, dass der Bundesgerichtshof sich zur deliktischen Haftung des VW-Konzerns in anhängigen Verfahren geäußert hat. In diesem Fall dürfte VW in Angelegenheiten, in denen die deliktischen Ansprüche noch nicht verjährt sind, zu einer großzügigen Regelung bereit sein. Falls nicht, sind Klagen dann eventuell risikoärmer.

Alle betroffenen VW-Käufer sollten sich je nach dem Stand ihrer eigenen Sache die eintretende Verjährungsfrist (31.12.2018) notieren und etwaige verjährungshemmende Maßnahmen überlegen.

Der kostengünstige Güteantrag hemmt die Verjährung, ermöglicht weiter eine Klage und ebnet sehr wahrscheinlich den risikolosen Weg zur Schadensersatzzahlung des VW-Konzerns. Leider sind die Verbraucher in Europa zur selbständigen Verfolgung ihrer Ansprüche aufgefordert, anders als in den Vereinigten Staaten, wo VW auf Druck der Umweltbehörden erhebliche Schadensersatzzahlungen an Autokäufer geleistet hat.

 

Dr. Walter Brunner/ Franz X. Ritter

Rechtsanwälte